Rooting Europe

oder

Universität Europa

Eine europäische Mahnschrift

Das Europa der Neuzeit mithin die westliche Zivilisation kann nur verstanden werden aus dem Kontext der Gründung der europäischen Universität.

Die Wurzeln Europas

Am heiligen Kaiser Karl, der in seiner Person politische POTESTAS und universale Bildung unter der AUCTORITAS der Kirche zum Wohle des Volkes vereinte und damit den Grundstein zur universitären Volksbildung grundlegte, vermag man zu studieren, wie sich Europa ursprünglich herausbildete durch das Streben nach der Wahrheit (Joh 14,6), und wie Europa hierdurch zu seiner in Wahrheit im Himmel begründeten, irdischen Bestimmung findet.

Studium - Imperium - Sacerdotium

„Golden“ war Europa stets nur im geistigen Schulterschluss mit jener im linksrheinischen Aachen entstandenen, fränkisch-germanischen Verknüpfung im Freiraum fränkisch universitärer Bildungsvermittlung (studium) unter der politischen Führung (imperium) des deutschen Kaisers, unter der geistlichen Autorität (sacerdotium) der römisch katholischen Kirche, in dieser Reihenfolge. Dies insgesamt meint der Begriff „Heiliges römisches Reich deutscher Nation„.

Die geistige Ordnung auf Erden muss nach himmlischem Vorbild vollzogen werden

„Das deutsche Volk ist zwar wild, aber auch stark und standhaft, wie kein zweites auf Erden, und darum ist es der Wille Gottes, ihm das IMPERIUM zu geben wie das SACERDOTIUM den Römern - bei Frankreich aber liegt das STUDIUM. Denn die Aufträge sind den Völkern nicht willkürlich gegeben, sondern, wie die Nationen auf Erden ihre Fürsten haben, so haben die Nationen auch Fürsten äquivalent im Himmel: man nennt sie „Throne“ und „Mächte“. Diese sind gleich den himmlischen Heerscharen der Engel hierarchisch und aufgabenspezifisch geordnet, und ihre Diademe (Identifikationsmerkmale) dürfen - dort im Himmel wie hienieden auf Erden - weder vertauscht, noch darf darum gestritten werden, sondern wofern dieser Streit auf Erden beginnt, erkennt man darin das Profil jener alten Ideologie, die Himmel und Erde voneinanderreissen will.“ [1]

Die Ursache jedes geistigen Niedergangs

Diese Erkenntnis der Transzendenz, der Verbindung zwischen Himmel und Erde bedeutet nichts anderes, als daß die französische Revolution ein erfolgreicher Versuch war, die Ordnung zu stören durch Trennung von Kirche und Staat.

Eine Trennung von Kirche und Staat, so, als hätten beide nichts miteinander zu tun, ist die Ursache europäischen Niedergangs.

Aller Neubeginn

Die Rückbesinnung aber auf die wesentliche Aufeinanderverwiesenheit von Kirche und Staat mithin Transzendenz als positives Bestreben, den Willen Gottes auf Erden so geschehen zu lassen, wie er im Himmel geschieht, begründet die Umkehr zur europäischen Erstarkung zu einem zukünftigen „goldenen“ Zeitabschnitt.

Die europäische Erstarkung vollzieht sich im Bewusstsein der zu verteidigenden himmlischen Ordnung durch „die streitende Kirche“. Das Studium hierzu vollzieht sich im theologisch moderierten, interdisziplinären Freiraum der katholischen Universität.

Nur diese europäische Verknüpfung vermag in Europa wieder stabile Voraussetzungen für das so genannte goldene Zeitalter, jene zinsfreie Zeit um das dreizehnte Jahrhundert [2], zu schaffen, um den unbändigen Wissensdrang der Völker nach der Wahrheit und dessen Bedürfnis nach Heilung auf geordnete Weise methodisch qua Scholastik, zu stillen.

Das auf das so genannte „goldene Mittelalter“ folgende so genannte „dunkle Mittelalter“ [3] und die immer weiter zunehmenden Verwerfungen bis einschliesslich hin zur französischen - von unten her befeuerten - Revolution und ihren noch bis zur Stunde verbreiteten Irrtümern über das Wesen des Volkes, des Staates und der Kirche, waren lediglich Folgen der anfangs schleichenden und schliesslich im offenen Protest erfolgten Ablösung von der Wurzel, von der Transzendenz der Schöpfung, durch die sich ihr Schöpfer dem Menschen offenbart.

Stets aber dient uns diese Wurzel als Keimling für den Wiederaufbau der Universität Europa, welche mit dem Studium unter der Schirmherrschaft stabiler, persönlich verantworteter Politik unter der geistlichen Auctoritas der Kirche beginnt und ohne sie undenkbar bleibt.

Das Wesen der europäischen Universität:

Die Suche nach der Wahrheit und die Heilung von Krankheiten sind seit jeher Anliegen aller Menschen einer jeden Epoche bis zum heutigen Tag und werden es immer sein. Die Bestimmung und Anziehungskraft der Universität Europa besteht in der Schaffung geschützter Freiräume für wahre Bildung für alle Menschen in ihrer fortwährenden Suche nach der Wahrheit und der daraus resultierenden fortschreitenden Heilung von Körper, Geist und Seele. Die aufgrund dieser Suche im Mittelalter entstandenen europäischen Universitäten konnten gar nicht anders, als genuin katholischen Wesens sein, Da nur in der Kirche intrinsisch die Wahrheitsfragen und „die Fragen nach Heilung der gesamten Menschheit sozusagen vom Irdischen her auf die in der Folge immer wieder bestätigte historische Antwort ausgerichtet sind, ohne sie vom Himmlischen her oktrojieren zu müssen.“ [4]

Nur durch Moderation durch die Ecclesia erfüllt die Universität Europa ihre ultimativ wichtigste Aufgabe in den Kerndisziplinen menschlicher Gesellschaft - diese sind

  • Medizin,
  • Recht,
  • Philosophie und
  • Theologie,

wobei jeweils die eine aus der anderen erwächst.

So ist die medizinische Suche nach der Ursache einer Krankheit zum Zweck der Heilung mit der Wahrheitssuche ebenso eng verwoben, wie die juristische Suche nach der Ursache einer Ungerechtigkeit zum Zweck der Versöhnung, wie die philosophische Suche nach der Ursache jeglicher Bewegung und die theologische Suche nach ihrem Sinn.

Die bleibend drohende Gefahr Europas: auf Hochmut und Vermessenheit folgender Utilitarismus

„Die Gefährdung der auf der Universität Europa gegründeten westlichen Zivilisation besteht darin, daß der Mensch gerade angesichts seiner bisher errungenen, kritisch gewaltigen Größe seines Wissens und Könnens vor der Wahrheitsfrage, die im Lehramt der Kirche stets hochgehalten wird, kapitulieren könnte.“ [4]

Genauer gesagt: wenn die klassisch universitäre Frage nach der Wahrheit, sei es aufgrund von Denunziation sei es aufgrund von Verboten, keine Erlaubnis mehr besässe gestellt zu werden, entstünde ein Deutungsvakuum, welches zwingend nach „Druckausgleich“ strebt. Der „Druckausgleich“ aber geschieht dadurch, daß die Vernunft dem Druck von Partikularinteressen (Lobbyismus) und deren Fragen nach Nützlichkeit (Utilitarismus) weicht, dergestalt, daß die Vernunft letztlich dazu vergewaltigt wird, sich utilitaristischen Absichten als letzte Entscheidungsinstanz zu unterwerfen.

Damit aber wäre die europäische Universität vollkommen säkularisiert (entkirchlicht = verweltlicht = ihrer geistigen Grundlage beraubt) und müsste konsequenterweise das Universitäre ihres hohen Titels eintauschen gegen das Monolitisch-Uniforme: Uniformität anstatt Universität, ideologisches Bündlertum anstatt intelligentes Ringen um die Wahrheit und die sie begleitende Heilung - und sei es wenigstens auf dem Niveau eines Pontius Pilatus.

Eine ideologisch um die Wahrheitssuche beschnittene „Universität“ kann gar nicht anders als die Säkularität zum höchst erstrebenswerten Ziel deklarieren, aber vor lauter Furcht um ihre Säkularität trennte sie sich sodann von der Wurzel der Transzendenz, aus der sie sich nährte, aus der sie ursprünglich erwuchs. Ihr grösster Feind würde die Wahrheit sein, jene Wahrheit, nach der sie sich doch vom Ursprung her ausstrecken sollte um sie entlang des Vektors des Studiums zum Zweck der Heilung bittend zu umfangen, wie einst Maria Magdalena…

„Noli me tangere!“

…aber jenes gänzlich wider Maria Magdalenas Erwarten abweisende „Noli me tangere!“ (Joh 20,17) war ihr zugleich Befehl für den Moment nicht zu nahe zu kommen, wie auch Aufgabe für die Zukunft auf der Suche zu bleiben.

Jener uralte göttliche Imperativ ist ein wertvoller pädagogischer Hinweis auf drohenden Stillstand durch irdisches Wähnen Himmlisches endgültig gefunden zu haben.

Analog dazu verhalten sich Säkularität und Universität. Denn, so sich eine uniforme Säkularität eines hoffentlich nie eintretenden Tages der Universität bemächtigen sollte, träte absoluter Stillstand ein, weil sich die Philosophie damit ihrer wesentlichen Aufgabe entfremdet hätte und darum abgleiten müsste in Positivismus; „dann aber würde die Theologie mit ihrer der Vernunft zugewandten Weisheit wieder in die Katakomben des Privaten gedrängt.“ [4]

Die auf solche Weise entkernte „Vernunft“ und mit ihr gleichermaßen ent-herzte „Universität“ würden vor lauter Sorge um Säkularität taub für die Heilungsoption, die ihnen trotz allem weiterhin, leise und beständig die Weisheit der Ecclesia im Imperativ des „Noli me tangere!“ anbietet.

Durch Taubheit aber verdorren Vernunft und Universität, wie Bäume, deren Wurzeln nicht mehr zum Grundwasser hinunterreichen, welches ihnen das Leben ermöglicht.

Wenn die Vernunft den Mut zur Wahrheit verliert, kann sie nicht mehr größer werden, sondern wird nurmehr kleiner - sie kann nicht mehr wachsen sondern ist gezwungen zu schrumpfen und erstarrt schliesslich in Technokratie, in einem starren System mangels Verantwortungsbereitschaft maschinell generierter Entscheidungen ohne persönlich verantwortbare Entscheidungsträger.

Tödliche Folgen für europäische Kultur

Sobald sich europäische Kultur aus nurmehr ideologisch geprägten Argumentationszirkeln und dem ihr ad hoc temporär Einleuchtenden zu konstruieren beginnt, wird sie nicht vernünftiger und reiner, sondern zerfällt Stück für Stück in die Unkultur, ja Antikultur, unbemerkt ferngesteuerter, ideologischer Auseinandersetzungen um utilitaristische Prioritäten zum Zweck der Vorlage „demokratisch“ abzusegnender Entscheidungsempfehlungen.

Der Weg der Vernunft

Die Vernunft gebietet also aus dem Vorgesagten den Umkehrschluß zu ziehen und den Weg von der Wurzel her - ex radice - zu beschreiten.

Was ist Europa?

Nach Feststellung der Fakten aufgrund eingehender Analyse der Benchmarks der europäischen Geschichte, isoliert sich ein klares Substrat welches man wie folgt wiedergeben kann:

Die drei Säulen der römisch katholischen Kirche - die Heilige Schrift, das Katholische Lehramt, die Tradition - sind das europäische Fundament und die Vater-Unser-Bitten sind Dreh-, Angel- und Orientierungspunkt der Universität Europa.

Die europäischen Völker

Jedes Volk ist eingeordnet in eine Nation [5] und jede einzelne europäische Nation verfügt über ein spezifisches, von Gott zugeteiltes Alleinstellungsmerkmal welches dem Schutz und der Förderung der Universität Europa dient - ein vielgliedriger Organismus, der nur im Ganzen und aus dem „Grundwasser“ zu leben vermag.

Das „Grundwasser“ Europas fliesst im römisch-katholischen Verhältnis zwischen Frankreich und Deutschland mit einem existenziell bedeutenden Vektor aus dem (russisch-) orthodoxen und israelisch-jüdischen (nicht säkular-zionistischen) Osten.

Daraus folgt die immerwährende Aufgabe der Universität Europa aus dem „Grundwasser“ der Bildung in dialogischer mithin scholastischer Auseinandersetzung mit den benachbarten Kulturen, Denkweisen und Ordnungsprinzipien zu schöpfen!

Was ist zu tun?

Europas Wesen besteht im universitären Ringen um den Sinn, um die Wahrheit, um das Recht und schliesslich um die Heilung an Körper, Geist und Seele und in der interdisziplinären Ausbildung in den vier Grunddisziplinen:
- Medizin
- Recht
- Philosophie
- Theologie

Als Handwerkszeug hierzu dient der klassische Dialog, der in seinen Regeln konsequent gelehrt, gelernt und angewandt werden muss. Die unter Moderation der Ecclesia durchzusetzende, wichtigste klassische Dialogregel neben der zeitlichen Begrenzung lautet: „Bei Frage und Antwort gilt stets die Disziplin, daß einer spricht und alle anderen zuhören, bis er zu Ende gesprochen hat! Möge sich jeder auf die Zunge beissen um den Redner nicht zu unterbrechen! …“

Die Ursachen der aktuellen Probleme sind die Ideologie des FIDEISMUS (die Krankheit des rechten Flügels) und die Ideologie des MODERNISMUS (die Krankheit des linken Flügels) und deren beider heutige Auswirkung, das ist die Krankheit des RECHTSPOSITIVISMUS, weshalb die Kirche flügellahm ist, denn die beiden Ideologien des Fideismus und des Modernismus missachten prinzipiell die Vernunft. Der Schlüssel zur Lösung ist Bautains Widerruf. Bautain unterschrieb den Satz wider den Fideismus zugunsten der Vernunft. Er lautet: „Der Mensch kann aus der Beobachtung der Natur und durch schlussfolgerndes Denken mit Sicherheit die Existenz Gottes beweisen.“ [6]

Wesentliche Grundzüge einer Neuordnung sind insbesondere der Enzyklika Rerum Novarum [7] zu entnehmen und behandeln u.a. die immer aktuellen Themata, z.B. „Mindestlohn“, „gerechter Lohn“, „Aufgaben des Staates“ mithin der „Institutionen öffentlichen Rechts“.

Die Hauptlast aber tragen die Bischöfe [8].

Der Restart mithin das „Rooting“ beginnt mit der päpstlich vollzogenen Krönung des Kaisers zum rechten Zeitpunkt (Kairos) am rechten Ort unter Berücksichtigung des Kairos zum Abschluss DES laufenden vatikanischen Konzils [9].

PH

[1] Vgl. Satz wider die gesta dei per franco in „Der Papst aus dem Ghetto / Sammlung von Berichten aus dem Vatikanarchiv„, zusammengestellt von Gertrud von Le Fort.

[2] siehe Artikel „Die Parameter des goldenen Mittelalters als Vorlage zur Lösung heutiger Probleme

[3] HW Prof. Dr. Gallus Manser OP, „Die Geisteskrise des XIV. Jahrhunderts“, Vortrag gehalten am 16. November 1914,
Exzerpt in Artikel „Glauben oder Wissen

[4] Zitat aus einer (nicht gehaltenen) Rede von Papst Benedikt XVI. an der Universität „La Sapienza“ in Rom am 17. Januar 2008. Der geplante Papstbesuch wurde kurzfristig, nämlich am 15. Januar 2008 von Papst Benedikt storniert. Die Vorlesung wurde auch danach nicht mehr gehalten, das Script hierzu aber veröffentlicht.

[5] siehe Artikel „Volk und Nation“ und Artikel „Grundlage der Nation

[6] Widerruf von Prof. Bautain gegen den Fideismus zugunsten der Vernunft. Rahner/Vorgrimmler, „Kleines Konzilskompendium“ 23. Auflage 1991

[7] Exzerpt aus Enzyklika Rerum Novarum in Artikel „Grundzüge einer Neuordnung

[8] Artikel bei Liborius Wagner Kreis „Wenn die Bischöfe die Bundeslade auf ihren Schultern tragen

[9] siehe Artikel „DAS Konzil


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Dieser Artikel wurde veröffentlicht am 6. April 2019 auf www.intrinsis.de unter Rooting-Europe-intrinsis.de.html

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