Erörterungen von Ziel und Zweck

„…‘Die neue Theorie der Biologie‘ lautete der Titel des Aufsatzes, den Mustapha Mond eben zu Ende gelesen hatte. Er saß einige Zeit mit nachdenklich gefurchter Stirn da, dann nahm er seinen Füllfederhalter zur Hand und schrieb quer über die Titelseite: ‚Des Autors mathematische Analyse des Telos-Begriffs ist neuartig und sehr scharfsinnig, allerdings ketzerisch und in Bezug auf die gegenwärtige soziale Ordnung gefährlich und potenziell umstürzlerisch. Veröffentlichung untersagt.

‚ Letzteres unterstrich er. ‚Der Autor ist zu observieren. Möglicherweise ist seine Versetzung an die Meeresbiologische Forschungsstation auf St. Helena zu erwägen.‘ Schade, dachte er, als er unterzeichnete. Die Arbeit war meisterlich. Wenn man aber erst Erörterungen von Ziel und Zweck zuließ — nun, dann musste man auf alles gefasst sein. Es war die Art Idee, die leicht zur Dekonditionierung der weniger stabilen Denker der höheren Kasten führen konnte, sie den Glauben ans Glück als höchstes Gut verlieren ließe und stattdessen davon überzeugte, dass das Ziel irgendwo hinter, irgendwo außerhalb der gegenwärtigen menschlichen Reichweite liege, dass der Zweck des Daseins nicht in der Sicherung des Wohlbefindens bestehe, sondern in einer Intensivierung und Verfeinerung des Bewusstseins, einer Erweiterung des Wissens. Was, sinnierte der Controller, womöglich stimmte. Aber unter den gegenwärtigen Umständen nicht zulässig war. Er nahm erneut den Füller zur Hand und zog unter den beiden Wörtern ‚Veröffentlichung untersagt‘ einen zweiten Strich, dicker und schwärzer noch als der erste… .“ [1]

Dieser Text umkleidet den Kern wie eine Zwiebel. Sicher haben Sie schon einmal versucht auf den Kern einer Zwiebel vorzustossen, so wie ich auch… aber vlt. auch nicht, egal:

es ist etwa so wie mit der Suche nach dem ultimativen Teilchen mit dem ultimativen Mikroskop,…

…aber da ist nichts, jedenfalls nichts was man dividieren könnte.

Es bleibt also als „Ziel und Zweck“ etwas Unteilbares, und ich glaube das ist es, wovor die „Diamantenhändler“ und ihre dienstbaren Wühlmäuse bzw. Provokateure zurückschrecken: die Wahrheit, die Heuchelei aufdeckt indem sie die Schlangen bei ihrem Familiennamen anspricht und direkt sagt, wess‘ Brut sie ist.

Jeanne d’Arc war da angesichts ihres Scheiterhaufens etwas höflicher als unser Herr Jesus Christus. Sie sprach der Schlange nur das ins Gesicht: „Ihr seid nicht die Kirche!“ [2] Verbrannt wurde sie nicht trotzdem, sondern deswegen.

Mit einem Gruß von der Forschungsstation

Der Reichshofnarr v. Gottes Gnaden

[1] Aldous Huxley: Schöne neue Welt. Ein Roman der Zukunft. (Original englisch 1932), Seite 202 folgende, Verlag Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main, 2014

[2] Den Unterschied zwischen Ideologie und Glaube verdeutlicht der Fall Jeanne d’Arc 》 Den-Unterschied-zwischen-Ideologie-und-Glaube-verdeutlicht-der-Fall-Jeanne-dArc-intrinsis.de.html


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Dieser Artikel wurde veröffentlicht am 18. Juli 2020 auf www.intrinsis.de unter Eroerterungen-von-Ziel-und-Zweck-intrinsis.de.html

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