Intrinsische Motivation

oder

Die Identität stiftende Norm

Lob und Belohnung sind ebenso wie Tadel und Strafe Disziplinierungsmassnahmen. Damit soll das Verhalten des Kleinkindes in die richtige Richtung gelenkt werden.

Motivationsmethode „Lob“

„Lob“ zeitigt Glücksgefühle - „Strafe“ und „Tadel“ zeitigen Gefühle von Frustration.

Das belohnte Kleinkind erfährt, dass es etwas gut gemacht hat und das Verhalten erwünscht war. Es fühlt sich gut, bekommt ein angenehmes Gefühl, welches mit Stolz verbunden ist wodurch das Kleinkind an Selbstsicherheit und Selbstvertrauen zunimmt, und motiviert ist, das positiv bestätigte Verhalten erneut zu zeigen - die Lernbereitschaft steigt.

„Lob“ und „Belohnung“ sind bei Kleinkindern erfolgreiche Erziehungsmethoden und manchmal gehen Eltern (Lehrer, Erzieher, Ausbilder, Professoren…) zu sparsam damit um. Jedoch sollte zugleich bewusst sein, dass zu viel „Lob“ und „Belohnung“ unangemessen sind und Schattenseiten haben.

Intrinsische Motivation

Kinder sind unglaublich ehrgeizig, zielbewusst und fleissig. Oft tun sie Dinge, einfach, weil sie es wollen und selber Freude daran haben oder stolz auf sich sind jenseits von „Lob“ und Anerkennung. Dies ist die sogenannte intrinsische Motivation. Eltern können beobachten, wie ihre Kinder von sich aus immer wieder etwas einüben wollen, z.B. Treppenlaufen oder Buchstabenschreiben oder gerne und freiwillig beim Haushalt mithelfen.

Wann sind „Lob“ oder „Belohnung“ negativ?

Wenn wir das Kind nach unserer Zustimmungsbekundung zu solcherlei intrinsisch motivierten Verhaltensweisen darüber hinaus auch noch belohnen, verliert es schnell die Motivation. Auch wissenschaftliche Studien zeigen, dass Menschen ihre intrinsische Motivation verlieren, wenn sie für etwas belohnt werden, was sie zu Beginn von sich aus gerne gemacht hatten.

Die negative Konsequenz: Extrinsische Motivation

Das Verhalten (z.B. ein Instrument spielen) wird nun nicht mehr wegen der Sache an sich gemacht sondern für die „Belohnung“ - es kommt zur extrinsischen Motivation.

Fazit:

Unangemessenes „Lob“ und „Belohnung“ untergraben die Entwicklung zum selbständigen Denken. Wird ein Kind zu oft gelobt oder belohnt, wird eine „Belohnung“ immer weniger Wert. In der Folge kommt es zur Gewöhnung und es braucht immer mehr „Lob“, damit es dem „Lob“ überhaupt noch eine Bedeutung beimisst. Das Kind entwickelt dann die Erwartungshaltung es müsse jedes Mal für alles automatisch belohnt werden. Erwünschte Verhaltensweisen zeigt es also nur noch, wenn es dafür belohnt wird. Das Kind interessiert sich nicht mehr für die Hintergründe. Eltern können dann erleben, dass es zu einer Art Erpresserspirale kommt: das Kind zeigt erwünschtes oder gar selbstverständliches Verhalten (wie z.B. Zähneputzen, Teller abräumen,…) nur noch, wenn es dafür belohnt wird. Sehr direkt fragen Kinder dann: Was krieg ich dafür?

Wann sind „Lob“ und „Belohnung“ angemessen?

Der Lobmechanismus gilt nicht uneingeschränkt für jede Situation und nicht für jedermann. Bei älteren Jugendlichen und Erwachsenen sowie bei Personen, die eine pädagogische oder psychologische Ausbildung genossen haben funktioniert dieser Mechanismus kaum bis überhaupt nicht - aber „warum“?

Eine Frage der Einsicht

Die Warum-Frage bei Anweisungen stellt sich dem Kleinkind nicht, aber mit zunehmendem Alter will es den Unterschied zwischen Sinn und Unsinn einer Anweisung wissen. Wird jedoch die Warum-Frage bei Anweisungen permanent und alternativlos mit Friss-oder-Stirb-Stereotypen beantwortet und bemerkt es darüber hinaus an anderen Kindern „statuierte Exempel“, resigniert es irgendwann und „re-agiert“ nur noch automatisch wunschgemäss um den zu erwartenden negativen Folgen seines Verhaltens zu entgehen. Diese Methodik kommt meist in Gefängnissen und im militärischen Drill zum Einsatz sowie in ideologisch geführten Beaufsichtigungs- und Lehranstalten (kommunistische Kita, sozialistischer Schulunterricht, kapitalistische Universität)

Die o.g. Beispiele verdeutlichen, dass zu viel „Belohnung“ das Erziehungsziel vollständig verfehlt. Was aber sind denn überhaupt Erziehungsziele?

Erziehungsziele

Die Wirkung von „Lob“ beruht für gewöhnlich auf dem natürlichen menschlichen Bedürfnis nach Erfolg und sozialer Anerkennung „für eine erbrachte Leistung“, aber dies ist zu kurz gedacht. Jeder Mensch hat das natürliche Recht um seiner selbst willen geliebt/anerkannt zu SEIN und nicht nur um einer Leistung willen geliebt/anerkannt zu WERDEN - dies zielt ab auf die grosse Gruppe jener Menschen, die keine ökonomisch wahrnehmbare Leistung erbringen können (Invalide, Kleinkinder, Kranke, Senioren, Behinderte, Ungeborene,…).

Der Option „Leistung erbringen“ zu können als ausdrücklich einziges Erziehungsziel fehlt etwas Entscheidendes, nämlich die immerwährende Ordnung der natürlichen, Identität stiftenden Norm.

Die natürliche Norm

Buchstäblich in Ordnung ist eine Identität, solange sie sich selbst bewusst auf die „Norm“ des von Aristoteles gefundenen (nicht er-fundenen!) intrinsischen Naturgesetzes gründet und sich entlang des Dekalogs orientiert, welcher nichts weiter als die Norm jedweder zwischenmenschlichen Interaktionen aufzeigt. Ausgerichtet an diesem Massstab wird mit zunehmendem Alter jedem deutlicher, was „positives Verhalten“ ist und welche Folgen es zeitigt.

Das wichtigste Erziehungsziel ist also die Fähigkeit sich im Verbund mit der umgebenden Gesellschaft am Massstab des Dekalogs orientieren zu können um schlussendlich die Ordnung des Himmels in Verschränkung mit der irdischen Ordnung unter der Moderation des kirchlichen Lehramtes zu wollen - ein lebenslanger Lernprozess: Sozialisation anhand des Dekalogs unter Anleitung der Kirche.

Eine Frage falscher Identität

Gegen die immerwährende Ordnung der natürlichen, Identität stiftenden Norm sind Ideologien aller Art gerichtet. Deren intrinsische Absicht ist stets die Errichtung autonomer Normen jenseits des Naturrechts -ius naturae- mithin Dekalogs.

In ideologisch geführten Sozialisationsenrichtungen liegt das Problem vor, dass Einsicht nicht für erforderlich erachtet wird und Uneinsichtigkeit der Erziehungssubjekte unhinterfragt als rebelische Renitenz, als Bedrohung gegen die Autonomie der Ideologie gewertet wird: der Erziehende erwartet Einsicht ohne Begründung, da infolge der Begründung der Irrtum der Ideologie anhand des aristotelischen Naturrechts und des Dekalogs aufgedeckt würde, also wird Kadavergehorsam erwartet und an renitenten Subjekten werden „Exempel statuiert“.

In jedem Erziehungssystem mutieren Kinder, an denen Exempel statuiert werden, zu so genannten „Auffälligen“ - sie bekommen vor versammelter Mannschaft einen „Stempel“ und die „Braven“ sehen in jedem „Gestempelten“ a persona die eigene Bedrohung: wenn DU das AUCH tust, wirst DU AUCH mit dem „Stempel“ des „Auffälligen“ bestraft! In Wahrheit wird damit lediglich die Autonomie der Ideologie abgesichert.

Die unangenehme Wahrheit über „Verhaltensauffälligkeit“

Gewöhnlich nehmen wir an anderen negative Verhaltensweisen vorzugsweise wahr - dies gründet sich auf der Annahme, dass alles ausserhalb der Norm „negativ“ sei - und das ist auch buchstäblich in Ordnung, solange sich die „Norm“ auf das aristotelische Naturgesetz gründet und sich entlang des Dekalogs orientiert - dann ist jedem klar was „negatives Verhalten“ ist und welche Folgen das hat.

Wird jedoch das aristotelische Naturgesetz und der Dekalog als normgebend relativiert oder gar verworfen, beginnt die soziale und psychologische Verhaltens- und Sozialdestruktion, die im Kadavergehorsam des Friss-oder-Stirb ihren Ursprung hat. So mutieren beliebige Ideologien zu faschistoiden Herrschaftssystemen mit eigenen Regeln und eigener Exekutive normativer Kraft. Die „Strafe“ und vorher schon die Androhung der Gewaltausübung durch die „Autorität“ besitzen dann die normative Kraft des Faktischen unter der Regel Nummer eins: „Einsicht unerwünscht - Warum-Fragen verboten!“ Auf diese Weise wird jedwede „Verhaltensauffälligkeit“ instrumentalisiert um den Status Quo der ideologischen Autorität, ihrer Protektoren, Inkubatoren und Exekutoren um jeden Preis aufrechtzuerhalten, koste es, was es wolle, jedes Mittel ist erlaubt - hier befinden wir uns bereits im Rande, wenn nicht sogar inmitten des Faschismus. Auffällige und „schwierige“ Personen erhalten dann keine positive Bestätigung, während angepasste, brave Personen (qua Berufsstatus oder finanziell) bekräftigt werden.

Zum Schluss das Resumée einer Lehrerin:

Als Mutter und Lehrerin fühlte ich mich oft dabei ertappt, dass ich Kinder und Jugendliche für etwas gelobt habe, was sie nicht im Geringsten als lobenswert empfanden. So habe ich z.B. meine Tochter für eine Zeichnung gelobt, die sie selber überhaupt nicht schön empfand. Mein „Lob“ war also völlig fehl am Platz! Ein häufiger Erziehungsfehler liegt darin, Kinder je nach unserem Befinden oder unserer Stimmung und unabhängig von ihrem Verhalten zu belohnen … oder auch zu bestrafen! Einmal sind wir als Eltern, Lehrer und Erzieher eben nun mal aufmerksamer und geduldiger und ein anderes Mal nicht. Kinder spüren sehr gut unser Befinden und führen somit die „Belohnung“ oder das „Lob“ mehr auf unsere Stimmung oder Tagesverfassung zurück als auf ihr eigenes Verhalten. Ganz nach dem Motto: Mama hat einen guten Tag, so krieg ich heute sicher etwas mehr von dem was ich will, wenn ich nur brav genug bin. „Lob“ und „Belohnung“ sind, das dürfen wir nicht verschweigen, Kontrollmechanismen von Erwachsenen. Wir steuern damit das Verhalten des Kindes und diktieren es in die von uns gewünschte Richtung. Wenn wir als Erwachsene nicht bereit sind unsere eigenen Motive und Absichten bewusst zu hinterfragen und nicht kritisch mit gesellschaftlichen Erwartungshaltungen umgehen, dann werden „Lob“ und „Belohnung“ zu Dressurtechniken - mit durchsichtigen Absichten.*“ [2]

PH - 2017-05-30

[1] siehe Kapitel „Faschismus“ in Artikel „Klerikalismus

[2] Exzerpt aus „Kinder richtig erziehen - Die Schattenseiten von Lob und Belohnung“ von Sara Michalik - Deeplink zum Artikel: http://eltern-raten-eltern-forum.de/kinder-richtig-erziehen | Backup .txt


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Dieser Artikel wurde erstmals veröffentlicht am 17. Juni 2018 auf www.intrinsis.de unter ../START.html/2018/06/17/intrinsische-motivation/

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